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Planeten und Doppelsterne


Früher wurde angenommen, dass Planeten nur um Einzelsterne wie unsere Sonne kreisen und in Doppelsternsystemen kaum möglich sind. Die Gravitationsverhältnisse wären in Doppelsternsystemen kompliziert, so dass dort kaum Planeten entstehen können und selbst wenn dort Planeten entstehen, wären ihre Bahnen kaum stabil und die Planeten würden im Laufe der Zeit aus dem System geworfen.

Computersimulationen von Heppenheimer im Jahr 1978 haben gezeigt, dass Planeten in Doppelsternsystemen nur möglich sind, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • Beide Sterne sind relativ weit entfernt (mindestens 50 Astronomische Einheiten oder 7,5 Milliarden Kilometer)
  • Ein Stern ist relativ klein

Heute gibt es leistungsstarke Computer, mit denen viel genauere und aufwendigere Simulationen durchgeführt werden können. Die Ergebnisse solcher Simulationen sind eindeutig: Planeten sind in Doppel- und Mehrfachsternsystemen generell möglich! Man hat bereits viele Planeten entdeckt, die in Doppelsternsystemen kreisen. Beispiele dazu sind das Doppelsternsystem 55 Cancri oder der Rote Zwerg Gliese 667 C, der sich in einem Dreifachsternsystem befindet.


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Am Himmel über einen Planeten in einem Doppelsternsystem erscheinen zwei Sonnen
Erstellt mit Terragen 3
© Mario Lehwald


Grundlegend gibt es zwei Typen von Planetenbahnen:

  • Typ S - ein Planet kreist um einen der beiden Sterne
  • Typ P - ein Planet kreist weit außen um beide Sterne

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Ein Planet kreist um einen Stern (Typ S)
© Mario Lehwald


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Ein Planet kreist um beide Sterne (Typ P)
© Mario Lehwald


Bei einem Planeten vom Typ S kreist der Planet um einen Stern womit der zweite Stern schon weiter entfernt ist. Sind beide Sterne in dem Doppelsternsystem ähnlich hell, wird der Planet temperaturmäßig nicht mehr von dem zweiten Stern beeinflußt. Ist der zweite Stern aber deutlich massereicher und heller als der Stern, um den der Planet kreist, so kann der zweite Stern den Planeten sehr wohl beeinflussen.

Ein Planet vom Typ P umkreist dagegen beide Sterne wie ein Stern. In der Regel kreist ein solcher Planet weiter außen um die beiden Sterne und er wird daher recht kalt sein. Es gibt aber auch sehr enge Doppelsternsysteme wie z. B. Kepler 47, wo ein solcher Planet sehr nahe (weniger als 100 Millionen Kilometer) um beide Sterne kreist.


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Himmelsanblick auf einem Planeten vom Typ P
Erstellt mit Terragen 3
© Mario Lehwald


Computersimulationen

Moderne Computersimulationen haben gezeigt, dass in Doppelsternsystemen Planetenbahnen vom Typ S und vom Typ P sehr stabil sein können. Ein Beispiel ist die folgende Studie:

In der genannten Studie wurden Planetenbahnen vom Typ S und P in einem Doppelsternsystem mit folgendem Masseverhältnis simuliert:

µ = m2 / (m1 + m2) = 0,5

Bei der Simulation von Planetenbahnen des Typs S galten folgende Bedingungen: Der Planet kreist um den Stern m1, die große Halbachse des Doppelsternsystems ist 1 Astronomische Einheit und die Bahnexzentrizität der Sterne sowie der Planetenbahn wird zwischen 0 und 0,9 in Schritten von 0,1 variiert. Es wurde für einen Zeitraum von 1.000 Umläufen der Doppelsterne simuliert.

Das Ergebnis dieser Simulation zeigt, dass die Größe der stabilen Zone, in der Planeten um den Stern m1 kreisen können, stark von der Bahnexzentrizität der beiden Sterne abhängt. Bei einer hohen Bahnexzentrizität der Sterne von 0,9 ist die stabile Zone für Planetenbahnen sehr klein und bis maximal 0,05 Astronomische Einheiten vom Stern entfernt. Bei einer Bahnexzentrizität der Sterne von 0 weitet sich die stabile Zone auf einen Abstand von fast 0,3 Astronomische Einheiten um den Stern m1 aus. Auch die Exzentrizität der Planetenbahn hat einen Einfluß auf die Größe der stabilen Zone. Die Unterschiede sind aber nicht so groß wie bei der Bahnexzentrizität der Sterne.

Bei der Simulation von Planetenbahnen des Typs P galten folgende Bedingungen: Der Planet kreist um das Baryzentrum der beiden Sterne, variiert in einem Abstand zwischen 1,8 und 4,5 Astronomischen Einheiten in Schritten von 0,05. Die Inklination oder Neigung der Planetenbahn gegen die Bahnebene des Doppelsternsystems wird zwischen 0 und 50 Grad in Schritten von 2,5 Grad variiert. Die große Halbachse des Doppelsternsystems ist 1 Astronomische Einheit und die Bahnexzentrizität der Sterne wird zwischen 0 und 0,5 in Schritten von 0,05 variiert. Es wurde für einen Zeitraum von 50.000 Umläufen der Doppelsterne simuliert.

Den größten Einfluß auf die stabile Zone, in der Planeten um beide Sterne kreisen können, hat wieder die Bahnexzentrizität der Sterne: Ist sie gering (0), so können Planeten bereits in einer Entfernung von 2,1 Astronomischen Einheiten um die Sterne stabil kreisen, ist sie dagegen hoch (0,9), so beginnt die stabile Zone für Planetenbahnen erst in einem Abstand von etwa 3,5 Astronomischen Einheiten.

Es gibt noch andere Simulationen, z. B. können Planeten im Sternsystem Alpha Centauri bis in einem Abstand von etwa 2,5 Astronomischen Einheiten stabil um einen der beiden Sterne kreisen, siehe dazu hier.


Elliptizität der Planetenbahnen

Die Planetenbahnen in Doppel- und Mehrfachsternsystemen sind wegen der Gravitationsstörungen der anderen Sterne elliptischer, als die Planetenbahnen um Einzelsterne wie der Sonne. Das führt dazu, dass es auf Planeten in Doppelsternsystemen zu viel größeren Temperaturschwankungen während eines Umlaufes kommt, als auf fast kreisförmigen Bahnen wie es z. B. bei der Erde der Fall ist. Dies ist nicht unbedingt der Entwicklung höheren Lebens zuträglich, auch wenn sich der Planet in der sogenannten habitablen Zone befindet, also in dem Bereich um einen Stern, wo die Temperaturverhältnisse die Existenz von flüssigen Wasser zulassen.


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Sonnenuntergang auf einem Wüstenplaneten in einem Doppelsternsystem
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© Mario Lehwald


Himmel über Planeten vom Typ S

Der Himmel über einen Planeten in einem Doppelsternsystem bietet einen gigantischen Anblick, da ein Beobachter hier zwei Sonnen sieht! Auf einen Planeten vom Typ S ist die zweite Sonne allerdings schon recht weit entfernt und erscheint am Himmel nicht so groß und hell wie die Sonne, um die der Planet kreist, sondern als extrem heller Lichtpunkt. Etwa ein halbes Planetenjahr lang würde man auf einem solchen Planeten die beiden Sonnen am Taghimmel sehen, für eine kurze Zeit auch recht nahe beeinander, und ein weiteres halbes Planetenjahr die eine Sonne am Tag- und die andere am Nachthimmel. In einem Dreifachsternsystem würden die anderen beiden Sonnen als extrem helle Sterne erscheinen.


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Planet vom Typ S mit beiden Sonnen am Taghimmel
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Planet vom Typ S mit beiden Sonnen nahe beeinander am Taghimmel
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Himmel über Planeten vom Typ P

Auf einen Planeten vom Typ P erscheinen zwei nahe beeinander liegende Sonnen unterschiedlicher Helligkeit am Himmel. Je nachdem, wie weit ein solcher Planet von den beiden Sternen entfernt ist, erscheinen die beiden Sonnen deutlich schwächer als unsere Sonne am Himmel (mehr als extrem helle Sterne), oder bei einer näheren Umlaufbahn um die beiden Sterne auch recht hell und imposant (z. B. bei dem System Kepler 47).


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Planet vom Typ P (beide Sterne nahe umkreisend) mit zwei hellen Sonnen am Himmel
Erstellt mit Terragen 3
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Beispiele

55 Cancri

Das etwa 41 Lichtjahre entfernte Doppelsternsystem 55 Cancri besteht aus einem gelben (A) und einem roten Zwerg (B). Beide Sterne sind etwa 1.000 Astronomische Einheiten auseinander. Um den gelben Zwerg kreisen mindestens 5 Planeten. Damit ist 55 Cancri neben dem Sonnensystem eines der größten bekannte Planetensysteme.


Gamma Cephei

Das etwa 46 Lichtjahre entfernte Doppelsternsystem Gamma Cephei besteht aus einem Unterriesen und einem Roten Zwerg. Der Rote Zwerg bewegt sich in etwa 70 Jahren auf einer elliptischen Bahn mit einer Halbachse von 20 Astronomischen Einheiten um den Unterriesen. 1989 wurde ein Planet entdeckt, dessen Existenz später widerrufen wurde, aber seit 2002 als gesichert gilt. Er umkreist den Unterriesen in etwa 900 Tagen.


Tau Bootis

Das etwa 51 Lichtjahre entfernte Doppelsternsystem Tau Bootis besteht aus einen Hauptreihenstern der Spektralklasse F6 (A) und einen Roten Zwerg (B). Beide umkreisen sich in etwa 2.000 Jahren in einem Abstand von 224 Astronomischen Einheiten. 1996 wurden ein Planet entdeckt, der den Stern A sehr eng in etwa 3,3 Tagen umkreist.


Gliese 667

Das etwa 23 Lichtjahre entfernte Dreifachsternsystem Gliese 667 besteht aus zwei orangen Sternen (A und B), die sich in 42 Jahren einmal umkreisen, und einem roten Zwerg (C), der etwa 230 Astronomische Einheiten entfernt um das Paar A / B kreist. Um den roten Zwerg Gliese 667 C kreisen mindestens zwei Planeten. Die Umlaufszeiten liegen bei 7,2 und 28 Tagen.


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Sonnenuntergang auf einem Planeten in einem Dreifachsternsystem
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16 Cygni

Das etwa 70 Lichtjahre entfernte Dreifachsternsystem 16 Cygni besteht aus einem engen Paar (Abstand etwa 70 Astronomische Einheiten) eines Gelben (A) und eines Roten Zwerges (C), das einen weiteren Gelben Zwerg (B) in einem Abstand von etwa 860 Astronomischen Einheiten umkreist. 1996 wurde ein Planet entdeckt, der den Gelben Zwerg (B) in etwa 800 Tagen umkreist.


Kepler 47

Zwei Sterne umkreisen sich in etwa 7,5 Tagen. Der eine Stern hat die Größe der Sonne, der andere etwa 33 Prozent der Sonnengröße. Die beiden Sterne werden von zwei Planeten umkreist (Typ P). Der Planet Kepler 47 b umkreist die beiden Sterne in knapp 50 Tagen, der andere (Kepler 47 c) in 303 Tagen, womit der zweite Planet in der habitablen Zone liegt.


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Untergang der helleren Sonne auf einem Planeten vom Typ S
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Himmel über einen Planeten in einem Vierfachsternsystem wie Mizar
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Weitere Bilder von Doppelsternwelten gibt es in der Galerie.

Schließlich bleibt noch die Frage, ob es nun solche oder ähnliche Welten mit zwei Sonnen wirklich gibt, wie sie hier als Beispiel gezeigt wurden? Nach einer Studie von 2014 sind fast die Hälfte aller Sterne, um die das Kepler-Teleskop Planeten entdeckt hat, Doppel- oder Mehrfachsterne:

So kann man zur abschließenden Frage, ob es solche oder ähnliche Welten mit zwei Sonnen wirklich gibt, sagen: Höchtstwahrscheinlich ja.

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