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Grundlagen der Himmelsmechanik


Bevor man mit der Beobachtung des Sternenhimmels beginnt, sollte man über das himmlische Uhrwerk Bescheid wissen. Die Erde dreht sich bekanntlich um ihre eigene Achse und wandert dabei innerhalb eines Jahres um die Sonne herum.


Jahreszeiten

Die Rotationsachse der Erde ist um 23,5 Grad gegen ihre Umlaufbahn um die Sonne geneigt. Dadurch ist jeweils eine Halbkugel der Erde ein halbes Jahr lang der Sonne zugewandt. Auf der der Sonne zugewandten Halbkugel herrscht Sommer, weil die Sonne dort tagsüber hoch am Himmel steht und ihr Licht recht steil auf die Erdoberfläche fällt.

Auf der der Sonne abgewandten Halbkugel ist Winter, weil dort die Sonne tagsüber recht tief am Himmel steht und ihr Licht flach auf die Erdoberfläche fällt.

So ist am 21. Juni die Nordhalbkugel der Erde der Sonne zugewandt - auf der Nordhalbkugel ist Sommer. Am 21. Dezember ist die Nordhalbkugel dagegen von der Sonne abgewandt, so dass auf der Nordhalbkugel Winter herrscht. Die folgende Grafik zeigt das:


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Die Jahreszeiten
© Mario Lehwald


Die Jahreszeiten sind also durch die Neigung der Erdachse bedingt, und nicht durch die unterschiedliche Nähe zur Sonne. Tatsächlich ist die Sonne im Dezember, wenn wir auf der Nordhalbkugel Winter haben, der Sonne sogar etwas näher als im Juni.

Durch die Neigung der Erdachse liegt jeweils ein Pol der Erde ein halbes Jahr lang ständig im Sonnenlicht, d. h. die Sonne scheint dort 24 Stunden lang und geht nicht unter (Polartag). Der andere Pol liegt dagegen ein halbes Jahr lang im Schatten, d. h. die Sonne geht dort nicht auf und es herrscht ein halbes Jahr lang Nacht (Polarnacht).


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Sommer auf der Nordhalbkugel
Der Nordpol liegt ganztags im Sonnenlicht und der Südpol ganztags im Schatten
© Mario Lehwald


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Sommer auf der Südhalbkugel
Der Südpol liegt ganztags im Sonnenlicht und der Nordpol ganztags im Schatten
© Mario Lehwald


Wenn die Nordhalbkugel der Erde der Sonne zugewandt ist, also auf der Nordhalbkugel Sommer ist, herrscht am Nordpol Polartag und am Südpol Polarnacht. Ein halbes Jahr später ist es umgekehrt: Dann ist die Südhalbkugel der Erde der Sonne zugewandt und auf der Südhalbkugel herrscht Sommer. Am Südpol herrscht Polartag und am Nordpol Polarnacht.

Der Wechsel von Polartag auf Polarnacht bzw. von Polarnacht auf Polartag findet am 21. März (Frühlingsanfang) bzw. am 23. September (Herbstanfang) statt, also dann, wenn sich die Sonne auf dem Himmelsäquator befindet. So beginnt am 21. März am Nordpol der Polartag, weil die Sonne an diesem Tag am Nordpol über den Horizont steigt. Gleichzeitig beginnt am Südpol die Polarnacht, weil die Sonne an diesem Tag am Südpol unter dem Horizont sinkt. Am 23. September ist es genau umgekehrt.


Sterntag

Stellt man irgendeinen Stern, der genau im Süden steht (Meridian), in einem Teleskop ein, wird er durch die Drehung der Erde langsam aus dem Gesichtsfeld des Teleskops hinauswandern. Nun läßt man das Teleskop exakt so stehen und mißt die Zeit, bis der Stern am nächsten Abend wieder in das Gesichtsfeld des Teleskops hineinwandert. Sie beträgt genau 23 Stunden und 56 Minuten! Diese Zeitspanne ist die wahre Rotationszeit der Erde und wird auch als Siderischer Tag oder Sterntag bezeichnet.


Sonnentag

Unser normaler Tag hat bekanntlich 24 Stunden, warum? Die Erde dreht sich nicht nur um ihre eigene Achse, sondern bewegt sich auch um die Sonne. Und diese Bewegung der Erde um die Sonne spiegelt sich am Himmel wieder. Die Sonne bewegt sich am Himmel scheinbar langsam vor dem Hintergrund der Fixsterne. In 365 Tagen bewegt sich die Erde einmal um die Sonne, das sind 360 Grad. Nach einer Rotation hat sich die Erde um knapp ein Grad auf ihrer Bahn um die Sonne weiterbewegt. Dadurch ist die Sonne ebenfalls etwa 1 Grad am Himmel nach Osten gewandert.

Die Abbildung unten verdeutlicht das. Der rote Punkt auf der Erde markiert einen Beobachter. Auf der Position "Erde 1" sieht der Beobachter mittags genau zur Sonne (rosa Linie). Nach einer Rotation der Erde (23 Stunden und 56 Minuten) befindet sich der Beobachter auf der Erde wieder an der gleichen Stelle, aber die Erde hat sich auf ihrer Bahn um die Sonne weiterbewegt und befindet sich jetzt an der Position "Erde 2". Der Beobachter blickt jetzt nicht mehr genau zur Sonne, sondern etwas an ihr vorbei (rosa Linie). Damit der Beobachter wieder exakt zur Sonne sieht, muß sich die Erde noch ein kleines Stück weiter drehen, etwa 1 Grad, was einen Zeitraum von 4 Minuten entspricht! Die dunkelrote Linie markiert diese zweite Position.


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Ein Sonnentag ist 4 Minuten länger als ein Sterntag.
© Mario Lehwald


Addieren wir diese 4 Minuten zur Rotationszeit der Erde, also den 23 Stunden und 56 Minuten, haben wir unseren gewohnten 24-Stunden Tag, den man auch Sonnentag oder Synodischen Tag nennt.


Zeitgleichung

Die Bewegung der Erde um die Sonne ist nicht über das Jahr hinweg gleichmäßig. Gemäß des 1. keplerischen Gesetzes bewegt sich die Erde auf einer elliptischen Bahn um die Sonne, so dass ihre Entfernung zur Sonne etwas schwankt. Ist die Erde der Sonne etwas näher, bewegt sie sich schneller. Diese unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Erde um die Sonne sind nicht günstig für eine gleichmäßige Zeiteinteilung und so haben die Astronomen die Werte über das Jahr gemittelt und eine mittlere Sonne errechnet, die sich mit gleichmäßiger Geschwindigkeit am Himmel bewegt. Diese mittlere Sonne verschiebt sich jeden Tag am Himmel um knapp 1 Grad, was einen Zeitraum von 4 Minuten entspricht!

Die Differenz von mittlerer und wahrer Sonnenzeit wird auch Zeitgleichung genannt. Die wahre Sonnenzeit kann der mittleren um bis zu 16 Minuten vorgehen (Anfang November) oder bis zu 14 Minuten nachgehen (Mitte Februar). Wer eine Sonnenuhr besitzt, kann das im Vergleich mit einer Normaluhr leicht feststellen.


Schaltjahr

Genaugenommen braucht die Erde für einen Umlauf um die Sonne nicht 365, sondern 365,25 Tage. Das heißt jedes Jahr wird sozusagen ein Viertel Tag verschenkt. Schon nach vier Jahren fehlt ein kompletter Tag. Um das auszugleichen gibt es alle vier Jahre ein Schaltjahr mit einem 29. Februar!


Himmelskoordinaten

Auch am Himmel gibt es ein Koordinatennetz, genau wie auf der Erdoberfläche. Den Punkt, auf den die Verlängerung der Erdachse am Nordpol zeigt, nennt man Himmelsnordpol. Dort steht zufällig ein heller Stern, den man als Polarstern bezeichnet. Analog dazu gibt es den Himmelssüdpol, wo sich allerdings kein heller Stern befindet.

Projiziert man den Erdäquator an den Himmel, erhält man den Himmelsäquator. Befände man sich genau auf dem Erdäquator, würde der Himmelsäquator genau über einem im Zenit liegen. In Mitteleuropa befindet sich der Himmelsäquator etwa 40 Grad hoch am Südhimmel.

Die an den Himmel projizierten Breitengrade nennt man Deklination. Sie werden in Grad angegeben. Ein Objekt mit 0 Grad Deklination liegt genau auf dem Himmelsäquator, ein Objekt mit +90 Grad Deklination genau am Himmelsnordpol, und ein Objekt mit -90 Grad Deklination genau am Himmelssüdpol.

Die an den Himmel projizierten Längengrade heißen Rektaszension. Sie werden nicht in Grad, sondern in Stunden und Minuten angegeben, wobei 4 Minuten etwa 1 Grad entsprechen. Der Nullpunkt ist dort festgelegt worden, wo die Sonne am Himmel zu Frühlingsanfang steht, und das ist im Sternbild Fische. Allerdings ist dieser Nullpunkt nicht fest, sondern bewegt sich aufgrund der sogenannten Präzession langsam am Himmel (siehe weiter unten).


Sternzeit

Wie wir jetzt wissen, ist ein Sterntag etwa 4 Minuten kürzer als ein Sonnentag, allerdings wird auch ein Sterntag in 24 Stunden eingeteilt. Justiert man eine mechanische Uhr so, dass sie innerhalb von 24 Stunden knapp 4 Minuten schneller als eine Normaluhr läuft, haben wir eine Sternzeituhr. Die Sternzeit gibt an, welcher Längengrad oder welche Rektaszension am Himmel genau im Süden (Meridian) steht. Die Angabe der Sternzeit ist z. B. nötig, um ein Teleskop nach Koordinaten einzustellen.


Stundenwinkel

Der Stundenwinkel ist der Winkelabstand eines Himmelskörpers vom Meridian (Südpunkt). Er wird normal in Zeitgraden angegeben und vom Südpunkt ausgehend entlang des Himmelsäquators nach Westen gezählt. Befindet sich ein Himmelskörper genau im Meridian (Südpunkt), hat er den Stundenwinkel Null. Der Stundenwinkel eines Himmelskörpers berechnet sich wie folgt:

Stundenwinkel = Sternzeit - Rektaszension

Ist die Sternzeit kleiner als die Rektaszension des Himmelskörpers, bekommt man negative Werte heraus. Das bedeutet, dass der Himmelskörper den Meridian noch nicht überschritten hat, also östlich des Meridians steht. Beispiel:

10h 00m - 11h 30m = -1h 30m

Da der Stundenwinkel aber von Süden ausgehend (0) fortlaufend nach Westen gezählt wird, muß man bei negativen Werten 24 Stunden hinzuaddieren, und erhält dann den richtigen Wert. In unserem Beispiel von oben sind das:

-1h 30m + 24h 00m = 22h 30m

Der Stundenwinkel ist z. B. wichtig, um einen Himmelskörper in einem Teleskop an den Teilkreisen einzustellen. Die Deklination des Himmelskörpers kann man direkt an dem Teilkreis der Deklination einstellen. Um die Rektaszension einzustellen muß man zunächst den Stundenwinkel des Himmelskörpers zu einem bestimmten Zeitpunkt berechnen, und diesen Wert zum besagten Zeitpunkt am Teilkreis der Rektaszension einstellen.


Ekliptik

Sonne, Erde, Mond und die Planeten liegen alle in einer Ebene. Diese Ebene nennt man Ekliptik. Am Himmel läuft die Ekliptik durch die 12 bekannten Tierkreissternbilder. Daher können Sonne, Mond und die Planeten sich auch nur im Bereich dieser 12 Tierkreissternbilder aufhalten. Ein Planet ist z. B. niemals im Sternbild großer Wagen zu sehen!

Während eines Jahres wandert die Sonne scheinbar durch alle 12 Tierkreissternbilder, also einmal um den gesamten Himmel. Gleiches gilt für die Planeten. Jupiter umkreist die Sonne in etwa 12 Jahren. So wandert Jupiter scheinbar in 12 Jahren durch alle Tierkreissternbilder - er steht also jedes Jahr in einem anderen Tierkreissternbild. Saturn braucht für einen Umlauf um die Sonne schon 30 Jahre, so dass Saturn sich im Schnitt etwa zwei bis drei Jahre in einem Tierkreissternbild aufhält.

Da die Erdachse um 23,5 Grad gegen ihre Bahnebene (Ekliptik) geneigt ist, ist auch die Ekliptik am Himmel um 23,5 Grad gegen den Himmelsäquator geneigt. Wegen dieser Neigung hat die Ekliptik unterschiedliche Höhen über dem Südhorizont. So erreicht die Ekliptik auf der Nordhalbkugel ihre Tiefststellung im Sternbild Schütze. Hier befindet sich die Sonne am 21. Dezember, zur Zeit der Wintersonnenwende. Daher steht die Sonne im Winter auch so tief im Süden.


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Die Tiefststellung der Ekliptik (braune Linie)
im Sommer am Nachthimmel bzw. im Winter am Taghimmel.
Die grüne Linie ist der Himmelsäquator

Karte erstellt mit Skyglobe
© Mario Lehwald


Ihre Höchststellung am Himmel erreicht die Ekliptik auf der Nordhalbkugel im Sternbild Zwillinge. Hier befindet sich die Sonne am 21. Juni, zur Zeit der Sommersonnenwende. Daher steht sie in dieser Zeit auch so hoch am Himmel. 12 Stunden später erreicht die Ekliptik am Nachthimmel wieder ihre Tiefststellung im Süden im Sternbild Schütze. Daher erreicht der sommerliche Vollmond auch nur geringe Höhen am Nachthimmel.

Ein halbes Jahr später, zur Zeit der Wintersonnenwende, ist es umgekehrt. Das Sternbild Zwillinge ist am Nachthimmel zu sehen und Mond und Planeten, die sich gerade in diesem Teil der Ekliptik aufhalten, stehen hoch am Himmel, während tagsüber das Sternbild Schütze tief im Süden steht und die Sonne in diesem Teil der Ekliptik nur geringe Höhen erreicht.


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Die Höchststellung der Ekliptik (braune Linie)
im Winter am Nachthimmel bzw. im Sommer am Taghimmel.
Die grüne Linie ist der Himmelsäquator

Karte erstellt mit Skyglobe
© Mario Lehwald


Im Frühling läuft die Ekliptik abends sehr steil zum Westhorizont. Analog dazu haben wir die gleiche Situation im Herbst am Morgenhimmel. Deshalb liegt die schmale Sichel des Mondes im Frühling am Abend wie ein Kahn über dem Westhorizont bzw. im Herbst am Morgen über dem Osthorizont. Tagsüber und nachts erreicht die Eklitpik im Frühling und Herbst mittlere Höhen über dem Horizont. Es ist der Zeitraum der Tagundnachtgleichen.


Sternenhimmel

Am Tage sind die Sterne nicht zu sehen, weil sie vom Sonnenlicht überstrahlt werden. Trotzdem sind sie da. Genaugenommen ist es das Streulicht der Sonne in der Erdatmosphäre, was die Sterne unsichtbar macht. Dabei wird das kurzwellige blaue Licht am stärksten gestreut, weshalb der Himmel tagsüber blau erscheint. Außerhalb der Erdatmosphäre im Weltraum ist der Himmel komplett schwarz, und man könnte die Sonne und die Sterne gleichzeitig sehen!

Durch die Drehung der Erde gehen alle Gestirne im Osten auf und im Westen unter. Die Sonne wandert am Himmel vor dem Hintergrund der Fixsterne pro Tag um etwa 1 Grad nach Osten. Da ein Sterntag etwa 4 Minuten kürzer ist als ein Sonnentag, geht ein bestimmter Stern oder ein bestimmtes Sternbild jeden Tag etwa 4 Minuten früher auf als am vorigen. So wird dieses Sternbild irgendwann von der am Himmel nach Osten wandernden Sonne eingeholt. Dann ist es am Taghimmel zu sehen und bleibt für uns eine Zeit lang unsichtbar.

So hat jede Jahreszeit ihre charakteristischen Sternbilder, die man abends sieht. Man spricht von einem Winter-, Frühlings-, Sommer- und Herbststernenhimmel. Gemeint ist damit der Sternenhimmel, den man in der entsprechenden Jahreszeit in den Abendstunden sieht.

Daher sieht man auch in jedem Winter abends die gleichen Sternbilder! Den Fall, dass plötzlich ein unbekanntes Sternbild auftaucht, was noch nie gesehen wurde, gibt es nicht.


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Der Wintersternenhimmel mit Blick nach Süden
Karte erstellt mit Stellarium
© Mario Lehwald


Die Erde dreht sich im Laufe eines Abends weiter, und im Osten gehen langsam immer neue Sternbilder auf. Daraus ergibt sich, dass nach 6 Stunden der abendliche Sternenhimmel der folgenden Jahreszeit zu sehen ist. Im Herbst sieht man z. B. am Abendhimmel um 20 Uhr den Herbststernenhimmel. 6 Stunden später, also gegen 2 Uhr nachts, sieht man den Wintersternenhimmel, und nochmal 6 Stunden später, gegen 8 Uhr morgens, würde man den Frühlingssternenhimmel sehen, wenn es nicht schon wieder hell wäre.


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Der Sommersternenhimmel mit Blick nach Süden
Karte erstellt mit Stellarium
© Mario Lehwald


So kommt es auch, dass man im Winter morgens kurz vor Sonnenaufgang schon einen Teil des Sommersternenhimmels sieht.


Sternenhimmel an anderen Orten

Von Mitteleuropa aus kann man nur einen Teil des gesamten Sternenhimmels sehen, weil der Rest von der Erdkugel selbst verdeckt wird. Es gibt einen nördlichen und einen südlichen Sternenhimmel. Alle Sterne nördlich des Himmelsäquators gehören zum nördlichen Sternenhimmel, und alle Sterne südlich des Himmelsäquators zum südlichen Sternenhimmel.

Die Höhe des Himmelsäquators über dem Südhorizont läßt sich einfach berechnen, indem man von 90 Grad die geografische Breite des eigenen Beobachtungsortes abzieht. Beobachtet man z. B. auf 50 Grad nördlicher Breite, so befindet sich der Himmelsäquator 40 Grad über dem Südhorizont. Alle Sterne, die sich zwischen 0 Grad Deklination (Himmelsäquator) und -40 Grad Deklination befinden, gehören schon zum südlichen Sternenhimmel. Wir können von Mitteleuropa aus also schon einen Teil des südlichen Sternenhimmels sehen! Alle Sterne die südlicher als 40 Grad vom Himmelsäquator liegen, also weniger als -40 Grad Deklination haben, sind von Mitteleuropa aus nie zu sehen.

Die Höhe des Himmelspoles über dem Horizont entspricht dem Wert der geografischen Breite. Kiel hat z. b. die geografische Breite 54,3 Grad Nord. Also befindet sich der Himmelsnordpol hier 54,3 Grad über dem Nordhorizont.

Je weiter man nach Norden reist, desto höher steigt der Himmelssnordpol über dem Nordhorizont. Am Nordpol würde sich der Himmelsnordpol genau im Zenit befinden, also 90 Grad hoch am Himmel stehen, und der Himmelsäquator genau auf dem Horizont liegen, so dass man nur den nördlichen Sternenhimmel sieht. Auch gehen am Nordpol keine Sterne auf oder unter. Stattdessen bewegen sich alle Sterne parallel zum Horizont um einen herum. Das liegt daran, dass wir am Nordpol genau auf der Drehachse der Erde stehen und sich der ganze Himmel wie bei einem Karussel um einen herum bewegt.

Da sich die Sonne am Himmel ein halbes Jahr lang nördlich des Himmelsäquators befindet, ist sie am Nordpol durchgehend ein halbes Jahr lang zu sehen, ohne dass sie untergeht (Polartag). Erst am 23. September überquert sie den Himmelsäquator nach Süden und geht damit am Nordpol unter, wo sie erst am 21. März wieder aufgehen wird (Polarnacht).

Je weiter man nach Süden reist, desto tiefer sinkt der Himmelssnordpol zum Horizont herunter und desto höher steigt gleichzeitig der Himmelsäquator im Süden empor! Direkt am Erdäquator befindet sich der Himmelsnordpol und auch der Himmelssüdpol genau auf dem Horizont. Der Himmelsäquator läuft dagegen durch den Zenit. Wir sehen am Äquator also an einer Himmelshälfte den nördlichen und an der anderen den südlichen Sternenhimmel. Am Äquator gehen alle Sterne senkrecht im Osten auf und senkrecht im Westen unter. Damit ist der Äquator der einzige Breitengrad der Erde, wo man im Laufe eines Jahres alle Sterne und Sternbilder sehen kann.

Reist man noch weiter nach Süden, also auf die südliche Halbkugel der Erde, steigt der Himmelssüdpol am Südhimmel langsam höher, während der Himmelsäquator am Nordhimmel tiefer sinkt. Dabei kehren sich die Bewegungsrichtungen am Himmel um: Die Sterne gehen im Osten auf, erreichen im Norden ihre höchste Stellung, und gehen im Westen wieder unter. Alle Sterne und auch die Sonne und der Mond bewegen sich dort aufgrund der Erddrehung am Himmel von rechts nach links, und nicht wie bei uns auf der Nordhalbkugel von links nach rechts! Uns vertraute Sternbilder wie der Orion stehen auf der Südhalbkugel der Erde am Himmel in nördlicher Richtung auf dem Kopf - ein ungewohntes Bild.

Direkt am Südpol befindet sich der Himmelssüdpol genau im Zenit und der Himmelsäquator genau auf dem Horizont. Man sieht hier nur den südlichen Sternenhimmel. Alle Sterne bewegen sich wie am Nordpol parallel zum Horizont. Die Sonne ist hier ein halbes Jahr lang ständig zu sehen, nämlich solange sie sich südlich des Himmelsäquators befindet (Polartag). Das ist in der Zeit zwischen dem 23. September und dem 21. März der Fall. In der anderen Zeit befindet sich die Sonne nördlich des Himmelsäquators und ist daher am Südpol nicht zu sehen (Polarnacht).


Präzession

Die rotierende Erdachse taumelt wie ein Kreisel. Eine volle Umdrehung dauert etwa 26.000 Jahre. Die Neigung der Erdachse von 23,5 Grad bleibt dabei fast immer gleich, nur die Richtung in der sie zeigt verschiebt sich.

Durch die Präzession verschieben sich die Gebiete der Himmelspole langsam am Himmel. So wird der Polarstern nicht immer Polarstern sein. In 13.000 Jahren wird sich der Himmelsnordpol bei dem Stern Wega in der Leier befinden.

Gleichzeitig wandert der Frühlingspunkt, also der Punkt, wo die Sonne am 21. März steht, langsam nach Osten. In 26.000 Jahren wandert er einmal um den ganzen Himmel, also durch alle 12 Tierkreissternbilder hindurch. Gleiches gilt für den Herbstpunkt sowie die beiden Punkte der Sommer- und Wintersonnenwende. Der Frühlingspunkt ist der Schnittpunkt des Himmelsäquators mit der Ekliptik. Die Höhe dieses Punktes am Himmel bleibt an einem bestimmten Ort der Erde natürlich immer gleich. Nur der Hintergrund der Sterne verschiebt sich langsam in Bezug auf diesen Punkt.

Nach etwa 13.000 Jahren zeigt die Schiefe der Erdachse genau in die entgegengesetzte Richtung. Damit würde auf der Nordhalbkugel am 21. Juni die Sonne nicht wie heute ihren höchsten, sondern ihren tiefsten Stand erreichen, da die Erdachse dann von der Sonne wegzeigt. Auf der Nordhalbkugel wäre daher am 21. Juni Winteranfang. Gleichzeitig würden die heutigen Sommersternbilder Schütze und Skorpion Ende Juni deutlich höher am Himmel stehen als heute.

Am 21. Dezember wäre es in 13.000 Jahren umgekehrt: Die Erdachse zeigt zur Sonne hin und die Sonne erreicht auf der Nordhalbkugel ihren höchsten Stand. Wir hätten also Sommeranfang. Gleichzeitig würden die heutigen Wintersternbilder wie der Orion oder die Zwillinge deutlich tiefer am Himmel stehen wie heute.


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Die Jahreszeiten in 13.000 Jahren
Die Schiefe der Erdachse zeigt genau in die andere Richtung wie heute
© Mario Lehwald


Dadurch das die Erdachse in 13.000 Jahren genau in die andere Richtung zeigt, wäre im Dezember Sommer und im Juni Winter. Der Gregorianische Kalender macht jedoch diese Verschiebung mit, so dass auf der Nordhalbkugel der 21. Juni stets auf den Zeitpunkt der Sommersonnenwende, und der 21. Dezember stets auf den Zeitpunkt der Wintersonnenwende fixiert bleibt. Auch in 13.000 Jahren wäre, wie es sein soll, auf der Nordhalbkugel im Dezember Winter und im Juni Sommer. Da die Erde jedoch auf ihrer Bahn um 180 Grad versetzt ist, würden wir in 13.000 Jahren im Sommer den Wintersternenhimmel und im Winter den Sommersternenhimmel sehen. Im Sommer würde dann das Sternbild Zwillinge und auch die Ekliptik nur sehr tief über dem Südhorizont, im Winter dagegen der Schütze und der Skorpion sowie die Ekliptik hoch am Südhimmel zu sehen sein!


Himmelskoordinaten verfallen

Durch die Präzession wandert der Frühlingspunkt vor dem Hintergrund der Sterne langsam am Himmel nach Osten. Da er aber auch der Nullpunkt für die Rektaszension ist, sind Himmelskoordinaten nur für einen bestimmten Zeitraum gültig, der auch Äquinoktikum genannt wird. Damit man Sternkarten nicht jedes Jahr neu zeichnen muß, und die Verschiebung pro Jahr nur sehr gering ist, haben Sternkarten und Himmelskoordinaten eine Gültigkeit von 50 Jahren. Es gibt z. B. Koordinaten für das Äquinoktikum 1950 oder 2000, wobei erstere schon veraltet sind. Allerdings lassen sich Koordinaten für das Äquinoktikum 1950 leicht in welche für das Äquinoktikum 2000 oder 2050 umrechnen.

© Copyright: 1998-2023 Mario Lehwald
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